Mittelständische Betriebe und Konzerne trotzen der Rezession. Trotz steigender Kosten und stotterndem Wirtschaftsmotor forciert laut unabhängigen Studien mehr als jede zweite Führungskraft weltweit Investitionen im Bereich Digitale Transformation. Produkte, Dienstleistungen oder ganze Geschäftsmodelle werden digitalisiert und neu gedacht. Was unterscheidet nun eigentlich eine Digitale Transformation von Digitalisierung und warum sollten Führungskräfte den Unterschied kennen?
Digitalisierung ist Bestandteil der Digitalen Transformation
Vorhaben mit dem Ziel den digitalen Reifegrad eines Unternehmens voranzutreiben, lassen sich in drei Kategorien einordnen. Im Englischen ist das Wort “Digitalisierung” präziser abgegrenzt als im Deutschen. Dort unterschiedet man zwischen den Begriffen “Digitization”, der Umwandlung von Analog in Digital und “Digitalization”, dem Verändern bestehender Produkte und Dienstleistungen durch digitale Technologien.
Bedient man sich der beiden Definitionen aus dem Englischen erhält man folgende Stufen der Digitalen Transformation:
- “Digitization” – Die Umwandlung analoger Prozesse und Informationen in Digitales Format
- Digitalisierung – Die Veränderung bestehender Prozesse und Produkte durch digitale Technologien
- Digitale Transformation – Strategische Geschäfts- und Organisationsentwicklung zur Verbesserung der Geschäftsergebnisse durch die Nutzung von digitalen Technologien
Im Geschäftsalltag werden diese Begriffe oft austauschbar verwendet. Dennoch beschreiben alle drei Begriffe unterschiedliche Stufen auf dem Weg der Digitalen Transformation. Doch Vorsicht, die falsche Begrifflichkeit kann manipulativ und zu Ihrem Nachteil eingesetzt werden, denn Digitale Transformation ist schließlich ein Trendthema, welches sowohl Neugier als auch Angst etwas zu verpassen hervorrufen kann.
Alle drei Kategorien bauen aufeinander auf und werden in der Literatur deshalb häufig als Stufen einer Treppe dargestellt, etwa von Frederic Milani im Basiswerk “Digital Business Analysis”. Lassen Sie uns einen analytischen Blick auf alle drei Definitionen werfen, um zu verstehen in welcher Kategorie sich Ihr (nächstes) Digitalisierungsunterfangen einordnen lässt und welche Schlüsse und Erfolgsfaktoren sich daraus ableiten lassen:
Digitization – Das Fundament
Als Digitization wird die Umwandlung von analogen zu digitalen Signalen bezeichnet. Dabei wird zum Beispiel Musik in ein MP3 Format komprimiert oder ein ausgefülltes Formular eingescannt und als PDF abgelegt. Es beschreibt die Übersetzung eines physischen Produkts in eine digitale Aufzeichnung, ohne das Resultat des Produkts – also den Inhalt des Musikstücks oder des Formulars zu manipulieren.
Wechseln wir nun in den Unternehmenskontext. Digitization bezeichnet hier den Vorgang, einen bestehenden Prozess oder ein Produkt Schritt für Schritt in die digitale Welt zu übersetzen, dabei erfolgt jedoch keine Anpassung oder Verbesserung des Prozesses. Quelle
In der Praxis ist das beispielsweise ein Rezept vom Arzt zur Herstellung einer Salbe, welches nicht in Papierform vom Patienten an die Apotheke übergeben wird, sondern per E-Mail gesendet oder in einem Online-Formular eingetragen wird.
Digitization ist die Basis für Digitalisierung und Digitale Transformation. Zu ihr gehört das Sicherstellen einer guten Datenqualität und sichere und effiziente Datenhaltung. Ohne diese Faktoren kann kein weiterer Aufbau von erfolgreichen Digitalisierungsunterfangen, geschweige denn eine Digitale Transformation stattfinden.
Weil Digitization das Fundament für strategisch wichtige und vielleicht sogar zeitkritische Digitalisierungen in Ihrem Unternehmen bildet, sollte sie keinesfalls vernachlässigt oder gar übersprungen werden. Die Menge an Papier, die genau zu diesem Zweck in den unterschiedlichsten Branchen zum Einsatz kommt, bestätigt den immer noch existierenden Aufholbedarf in der Digitization.
Digitalisierung – Optimierung Ihrer Prozesse
Digitalisierung baut auf Digitization auf, also den digital verfügbar gemachten Informationen eines Prozesses, einer Dienstleistung oder eines Produkts. Es beschreibt den Einsatz digitaler Technologien mit dem Zweck, bestehende Prozesse, Produkte oder Dienstleistungen zu verbessern, mit dem Ziel die Effizienz bestehender Angebote zu steigern. Dies kann sich auch auf das Business Modell auswirken und dieses verändern, denn Digitalisierung ist ein Schritt in Richtung eines zum Teil digitalisierten Geschäfts. Quelle
Das wohl bekannteste Beispiel für Digitalisierung ist die Erstellung eines Onlineshops, in dem potentielle Kunden Ihre Dienstleistungen und Produkte rund um die Uhr buchen oder erwerben können. Sie vertreiben die gleichen Produkte und Dienstleistungen, nutzen allerdings Digitale Technologien zum Vertrieb ihres Angebots. Aber nicht jedes Digitalisierungsunterfangen muss für den Kunden so offensichtlich, wie die Einführung eines Onlineshops sein – häufig sind die größten Potentiale für Digitalisierungsprojekte in internen Prozessen, sowie der reibungslosen Kommunikation mit Partnern und Lieferanten zu finden.
Ein erfolgreiches Digitalisierungsprojekt beginnt mit einer ausführlichen Analyse des zu optimierenden Geschäftsprozesses, der involvierten Assets und Stakeholder und der Prozessumgebung. Ein vollständiges Bild der vorhandenen Ausprägungen sorgt für ein gutes Verständnis und einen Überblick über vorhandene Systembrüche, manuelle Tätigkeiten und Reibungsverluste.
Für die Auswahl eines optimalen und angepassten Konzeptes empfiehlt sich die Erarbeitung und Gegenüberstellung mehrerer Konzepte für Ihr Digitalisierungsprojekt, denn nicht immer ist die offensichtlichste Lösung die sinnvollste für ihr Unternehmen. Erprobte Vorgehensmodelle wie “Design Thinking” oder der “5 Tages Sprint” helfen Ihnen bei der Konzepterstellung und –validierung in kleinen Teams. Zu sehr hilfreichen Werkzeugen gehören “Mindmapping”, “Lightning Demo” und die “Crazy 8”, welchen wir eigene Artikel in diesem Blog widmen werden. Dieses Vorgehen unterstützt Sie in der Erarbeitung einer optimalen Strategie für Ihr Digitalisierungsprojekt, maßgeschneidert auf Ihr Unternehmen.
Digitale Transformation – strategische Geschäfts- und Organisationsentwicklung
Die Digitale Transformation wird auch häufig als Digital Business Transformation bezeichnet. Sie beschreibt ganzheitliche Unterfangen im Unternehmen, mit der zusätzliche Wertschöpfung durch den Einsatz digitaler Technologien prozessübergreifend und über Abteilungen hinweg entsteht. Gerade in diesem Bereich schlummern für viele Unternehmen noch ungeahnte Potentiale, wie eine Studie des MIT und dem Beratungshaus Capgemini ergab. Demnach erzielen Firmen mit digitalisierten Prozessen branchenübergreifend 6-9% mehr Umsatz und erreichen gepaart mit erfolgreich geführter Digitaler Transformation im Mittel eine um 26% höhere Profitabilität. Quelle
Die konkrete Abgrenzung zur Digitalisierung geschieht somit genau dann, wenn mehrere Prozesse grundlegend optimiert und Produkte sowie Dienstleistungen neu gedacht werden. Physische Produkte lassen sich beispielsweise durch digitale Services und Algorithmen ersetzen oder erweitern. Experten sprechen in diesen Fällen von “Servitization”, also der Übersetzung in (digitalisierte) Dienstleistungen. Die Digitale Transformation beschreibt den konkreten Wandel vom existierenden System zum gewünschten Endergebnis. Meist geschieht dies über einen längeren Zeitraum. Große und komplexe Transformationen können mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Während der Transformation muss Ihr Unternehmen weiterhin funktionstüchtig bleiben. Damit alle Zahnräder der bestehenden Prozesse weiterhin ineinandergreifen können, ist eine umfassende Planung mit Weitsicht notwendig. Wir empfehlen die Erstellung einer Transformation Map, die sich als hervorragendes Planungstool auf hoher Flugebene bewährt hat und bestens zur nachvollziehbaren Kommunikation Ihrer Strategie an Stakeholder und Teammitgliedern geeignet ist.
Stellen Sie sicher, dass Sie zur erfolgreichen Planung und Umsetzung Ihrer Digitalen Transformation über die notwendigen Kompetenzen im Team verfügen. Neben IT-Know-How, System Architecture, Cybersecurity und Datenschutz gehören dazu auch fundiertes Wissen aus den Fachbereichen, Business Analysis und Prozessmanagement.
Wie geht es nun weiter?
Digitization, Digitalisierung und die Digitale Transformation bilden ein breites Spektrum Ihres vorhandenen Lösungsraums. Genau diese Bandbreite gilt es sicher zu navigieren. Eine nuancierte Definition und Verständnis über die unterschiedlichen Ausprägungen von Digitalisierungsvorhaben ist der erste Schritt einer gelungenen Umsetzung. Erfahren Sie mehr über Erfolgsfaktoren in der Digitalen Transformation.